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Kirchliches Gesetz über besondere Gemeindeformen und Gemeindeinitiativen (Gemeindeformengesetz - GemfoG)

Vom 27. Oktober 2022 (GVBl. 2023, Nr. 1, S. 3)

Die Landessynode hat nach Artikel 30 Abs. 3 der Grundordnung vom 28. April 2007 (GVBl. S. 81), zuletzt geändert 29. April 2022 (GVBl. Teil I, Nr. 39, S. 96) mit verfassungsändernder Mehrheit das folgende kirchliche Gesetz beschlossen:
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Abschnitt 1
Allgemeines

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§ 1
Regelungsgegenstand

( 1 ) Wo Jesus Christus durch Wort und Sakrament im Heiligen Geist gegenwärtig ist, schafft er seine Gemeinde (Artikel 12 Abs. 1 GO). Die Evangelische Landeskirche in Baden begrüßt Initiativen von Christinnen und Christen, die in neuen Gemeindeformen Christus bekennen, auf Gottes Wort hören, im Glauben am Gebet festhalten und die Tat der Liebe üben wollen. Sie erkennt neben der Form der Pfarr- oder Kirchengemeinde auch weitere Gemeindeformen an, gibt diesen auf Basis dieses Gesetzes einen rechtlichen Rahmen und bestimmt deren Verhältnis zur Evangelischen Landeskirche in Baden.
( 2 ) Besondere Gemeindeformen im Sinne dieses Gesetzes sind:
  1. die Personalgemeinde,
  2. die Regionalgemeinde und
  3. die Zuordnungsgemeinde.
( 3 ) Weiterhin anerkennt und fördert die Evangelische Landeskirche in Baden Gemeindeinitiativen, die das Ziel verfolgen, Christinnen und Christen zur Bildung einer besonderen Gemeindeform zu sammeln.
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§ 2
Allgemeine Regelungen für besondere Gemeindeformen

( 1 ) Der Anstoß für die Gründung einer besonderen Gemeindeform kann von Christinnen und Christen ausgehen, die sich in einer Gemeindeinitiative zusammenfinden (Initiativkreis). Diese benennen für die Gründung einer besonderen Gemeindeform Ansprechpersonen für die Landeskirche. Diese benannten Personen nehmen die in diesem Gesetz den Gemeindeinitiativen gegebenen Rechte wahr. Soweit bereits ein Rechtsträger besteht, der ein gemeindliches Geschehen trägt, kann das zuständige Leitungsorgan des Rechtsträgers diese Funktion wahrnehmen.
( 2 ) Besondere Gemeindeformen sind gekennzeichnet durch eine Zahl von Mitgliedern, die erwarten lässt, dass ihre Errichtung auf Dauer einen regelmäßigen Gottesdienst und ein eigenständiges Gemeindeleben gewährleistet.
( 3 ) In jeder besonderen Gemeindeform ist die Verantwortung für die Wahrnehmung des Amtes der Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung im Rahmen der allgemein hierfür geltenden landeskirchlichen Regelungen zu klären.
( 4 ) Taufen, die von den Verantwortlichen einer besonderen Gemeindeform durchgeführt werden, führen ausnahmslos zur Mitgliedschaft in der Evangelischen Landeskirche in Baden.
( 5 ) Kirchliche Amtshandlungen die in den besonderen Gemeindeformen vorgenommen werden, bedürfen keine Dimissoriale nach § 28 Abs. 2 PfDG.EKD. Sie sind dem zuständigen Wohnsitzpfarramt zu melden und dort ins Kirchenbuch nach den allgemein geltenden Regelungen mit laufender Nummer nach § 5 Abs. 1 KiBuO einzutragen.
( 6 ) In Personalgemeinden und Regionalgemeinden können vom Bezirkskirchenrat im Rahmen der kirchenbezirklichen Stellenplanung Stellen für landeskirchliche Mitarbeitende eingerichtet werden. Die Personen gehören in der Regel einer Dienstgruppe an und stehen in der Dienstgemeinschaft aller landeskirchlichen Mitarbeitenden im Kirchenbezirk. Sie werden nach den allgemeinen Regelungen in die Vertretungsdienste eingebunden. Das Dekanat regelt in diesem Fall die Vertretung für die Person in ihrer Tätigkeit in der Personalgemeinde oder Regionalgemeinde.
( 7 ) Mitglieder und Leitungsverantwortliche einer besonderen Gemeindeform wissen sich in eine Gemeinschaft mit den anderen Gemeinden der Landeskirche und der Landeskirche gestellt, die zu gegenseitiger Achtung und vertrauensvoller Zusammenarbeit verpflichtet und eine grundlegende Loyalität gegenüber der Landeskirche sichtbar werden lässt.
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Abschnitt 2
Personalgemeinde

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§ 3
Errichtung und Auflösung der Personalgemeinde

( 1 ) Personalgemeinden werden durch Rechtsverordnung des Evangelischen Oberkirchenrates errichtet.
( 2 ) Die Rechtsverordnung wird im Einvernehmen mit der Gemeindeinitiative, mit Zustimmung des kirchlichen Rechtsträgers, dem die Personalgemeinde zugeordnet werden soll, sowie im Benehmen mit dem Bezirkskirchenrat erlassen. Weitere kirchliche Stellen, insbesondere überparochiale Dienstgruppen oder Gremien, die Zusammenarbeitsformen von Gemeinden verantworten, können angehört werden.
( 3 ) Die Personalgemeinde kann durch Rechtsverordnung des Evangelischen Oberkirchenrates aufgelöst werden, wenn die Gemeindeleitung dem zustimmt oder solches beantragt. Der kirchliche Rechtsträger, dem die Personalgemeinde zugeordnet ist, sowie der Bezirkskirchenrat sind anzuhören.
( 4 ) Die Auflösung einer Personalgemeinde erfolgt durch Beschluss des Evangelischen Oberkirchenrates, wenn die Leitung der Personalgemeinde der Auflösung widerspricht. Die Auflösung kommt in Betracht, wenn die in § 2 genannten allgemeinen Regelungen nachhaltig nicht mehr erfüllt werden. Der abschließende Beschluss ergeht in einem schriftlichen Bescheid, der zu begründen ist. Gegen den Bescheid kann Beschwerde eingelegt werden, über den der Landeskirchenrat in synodaler Besetzung endgültig entscheidet. Zur Beschwerde berechtigt sind nur die Mitglieder der Gemeindeleitung der Personalgemeinde. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides schriftlich einzulegen. Über die Beschwerdefrist ist zu belehren. Bei einer bestätigenden Entscheidung wird die Rechtsverordnung nach Absatz 1 aufgehoben.
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§ 4
Rechtsstellung der Personalgemeinde

( 1 ) Die Personalgemeinde ist eine Körperschaft des kirchlichen Rechts. Sie hat die Rechtsstellung einer Pfarrgemeinde und ist in der Regel Bestandteil einer Kirchengemeinde sowie eines Kirchenbezirks. Die allgemein gültigen Bestimmungen des kirchlichen Rechts finden auf sie Anwendung, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Sie wird wie Pfarrgemeinden visitiert. Die Personalgemeinde kann keine Predigtbezirke einrichten.
( 2 ) Im Ausnahmefall kann die Personalgemeinde auch einem Kirchenbezirk als Rechtsträger zugeordnet werden. In diesem Fall sorgt der Kirchenbezirk für die Darstellung der notwendigen äußeren Voraussetzungen (Artikel 25 Satz 2 und Artikel 27 Abs. 1 Satz 1 GO) im Rahmen der geltenden Regelungen. Die Personalgemeinde entsendet bei der Zuordnung zum Kirchenbezirk wie eine Pfarrgemeinde Mitglieder in die Bezirkssynode. Eine Beteiligung im Bezirkskirchenrat ist nur nach den allgemein hierfür gegebenen Regelungen möglich.
( 3 ) In der Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 1 wird geregelt, welcher Kirchengemeinde oder welchem Kirchenbezirk als Rechtsträger die Personalgemeinde zugeordnet ist.
( 4 ) Die Personalgemeinde führt einen Namen, der nach Möglichkeit ihre Besonderheit zum Ausdruck bringt. Die Namensgebung erfolgt durch die Gemeindeleitung im Einvernehmen mit dem Bezirkskirchenrat und bei Eingliederung in einer Kirchengemeinde dem Kirchengemeinderat. Die Gemeinde kann ein Siegel nach Maßgabe der allgemeinen landeskirchlichen Bestimmungen führen.
( 5 ) Die Personalgemeinde wird aus Mitgliedern der Evangelischen Landeskirche in Baden gebildet. Sie führt ein Verzeichnis der bei ihr gemeldeten Mitglieder und aktualisiert dieses. Die Mitgliedschaft zur Pfarrgemeinde des Wohnsitzes bleibt unberührt (Doppelmitgliedschaft). Über die Aufnahme in die Personalgemeinde entscheidet die Gemeindeleitung.
( 6 ) Die Mitgliedschaft in der Personalgemeinde endet durch Abmeldung bei der Personalgemeinde. Diese lässt die Mitgliedschaft zur Pfarrgemeinde des Wohnsitzes unberührt. Sie endet weiterhin mit dem Austritt aus der Kirche nach staatlichem Recht.
( 7 ) Die Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 1 kann vorsehen, dass für die Personalgemeinden ein Pfarramt errichtet und ein eigenes Kirchenbuch geführt wird, auf das die Bestimmungen der Kirchenbuchordnung Anwendung finden. Soweit kein eigenes Kirchenbuch geführt wird, erfolgt die Eintragung der kirchlichen Amtshandlung beim zuständigen Wohnsitzpfarramt. Die Ausstellung pfarramtlicher Urkunden erfolgt, soweit kein Pfarramt geführt wird, durch ein in Ortsnähe gelegenes Pfarramt, das die Dekanin oder der Dekan benennt.
( 8 ) Personalgemeinden sind in der Regel in die Strukturen geordneter gemeindlicher Zusammenarbeit im Kirchenbezirk nach den hierfür geltenden Regelungen eingebunden. Landeskirchliche Mitarbeitende, die in einer Personalgemeinde eingesetzt sind, werden insoweit in einer Dienstgruppe eingebunden.
( 9 ) Für die Personalgemeinde erhält der Rechtsträger, dem diese zugeordnet ist, die Finanzzuweisung nach § 5 Finanzausgleichsgesetz.
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§ 5
Leitung der Personalgemeinde

( 1 ) Die Personalgemeinde wählt einen Ältestenkreis, der die Aufgaben nach Artikel 16 GO wahrnimmt.
( 2 ) Für den Ältestenkreis gelten die allgemeinen rechtlichen Regelungen, soweit nicht in diesem Gesetz oder in der Rechtsverordnung nach § 11 anderes bestimmt ist.
( 3 ) Die Wahl des Ältestenkreises erfolgt in der Regel im Zusammenhang mit den allgemeinen Kirchenwahlen im Rahmen einer besonderen hierfür einberufenen Gemeindeversammlung. In der Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 1 kann ausnahmsweise vorgesehen werden, dass die Wahl des Ältestenkreises nach den Regelungen des Leitungs- und Wahlgesetzes erfolgt. Die Rechtsverordnung nach § 11 regelt die Einzelheiten des Wahlverfahrens und kann dabei von den Regelungen des Leitungs- und Wahlgesetzes abweichen. Insbesondere kann vorgesehen werden, eine abweichende Amtszeit für den Ältestenkreis vorzusehen.
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Abschnitt 3
Regionalgemeinde

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§ 6
Errichtung und Auflösung der Regionalgemeinde

Für die Errichtung und Auflösung einer Regionalgemeinde ist § 3 entsprechend anzuwenden.
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§ 7
Rechtsstellung der Regionalgemeinde

( 1 ) Die Regionalgemeinde ist eine Körperschaft des kirchlichen Rechts. In der Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 1 wird die Regionalgemeinde einem Kirchenbezirk oder einer Kirchengemeinde als Rechtsträger zugeordnet. Die allgemein gültigen Bestimmungen des kirchlichen Rechts finden auf sie Anwendung, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. In besonderen Fällen können weitere Bekenntnistraditionen gepflegt werden, soweit diese nicht zum Bekenntnis der Landeskirche in Widerspruch stehen. Die Regionalgemeinde wird wie Pfarrgemeinden visitiert. Sie kann keine Predigtbezirke einrichten.
( 2 ) Der Rechtsträger sorgt in entsprechender Anwendung der für eine Pfarrgemeinde geltenden Regelungen (Artikel 25 Satz 2 und Artikel 27 Abs. 1 Satz 1 GO) für die Darstellung der notwendigen äußeren Rahmenbedingungen der Gemeinde im Rahmen der hierfür geltenden Regelungen.
( 3 ) In der Regionalgemeinde wird eine Gemeindeversammlung unter entsprechender Anwendung der Regelungen für die Gemeindeversammlung der Pfarrgemeinde durchgeführt.
( 4 ) Die Regionalgemeinde führt einen Namen, der nach Möglichkeit ihre Besonderheit zum Ausdruck bringt. Die Namensgebung erfolgt durch die Gemeindeleitung im Einvernehmen mit dem Bezirkskirchenrat und, soweit der Regionalgemeinde eine Kirchengemeinde als Rechtsträger zugeordnet ist, dem Kirchengemeinderat.
( 5 ) Die Regionalgemeinde führt ein Verzeichnis der bei ihr gemeldeten Mitglieder und aktualisiert dieses. Die Mitgliedschaft in der Regionalgemeinde setzt eine Mitgliedschaft in der Evangelischen Landeskirche in Baden nicht voraus. Soweit Mitglieder der Landeskirche Mitglied der Regionalgemeinde werden, bleibt die Mitgliedschaft zur Pfarrgemeinde des Wohnsitzes unberührt (Doppelmitgliedschaft). Über die Aufnahme in die Regionalgemeinde entscheidet die Gemeindeleitung.
( 6 ) Die Mitgliedschaft in der Regionalgemeinde endet durch Abmeldung bei der Regionalgemeinde. Soweit eine Doppelmitgliedschaft nach Absatz 5 besteht, bleibt die Mitgliedschaft zur Pfarrgemeinde des Wohnsitzes unberührt.
( 7 ) Regionalgemeinden unterhalten kein Pfarramt und führen kein eigenes Kirchenbuch. Die Eintragung der kirchlichen Amtshandlung in das Kirchenbuch erfolgt beim zuständigen Wohnsitzpfarramt. Die Ausstellung pfarramtlicher Urkunden erfolgt durch ein in Ortsnähe gelegenes Pfarramt, das die Dekanin oder der Dekan benennt.
( 8 ) Regionalgemeinden sollen in der Regel in die Strukturen geordneter gemeindlicher Zusammenarbeit im Kirchenbezirk nach den hierfür geltenden Regelungen eingebunden werden. Landeskirchliche Mitarbeitende, die in einer Regionalgemeinde eingesetzt sind, sollen in einer Dienstgruppe eingebunden sein.
( 9 ) Für die Regionalgemeinde erhält der Rechtsträger, dem diese zugeordnet ist, die Finanzzuweisung nach § 5 Finanzausgleichsgesetz.
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§ 8
Leitung der Regionalgemeinde

( 1 ) Die Regionalgemeinde wählt ein Leitungsorgan, für dessen Aufgaben Artikel 16 GO entsprechend anzuwenden ist. Die Zusammensetzung des Leitungsorgans sowie die Folgen von Veränderungen während der laufenden Wahlperiode regelt die Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 1.
( 2 ) Die Wahl des Leitungsorgans erfolgt im Zusammenhang mit den allgemeinen Kirchenwahlen im Rahmen einer besonderen hierfür einberufenen Gemeindeversammlung. Die Amtszeit des Leitungsorgans richtet sich nach den Vorschriften für den Ältestenkreis einer Pfarrgemeinde. Die Rechtsverordnung nach § 11 regelt die Einzelheiten des Wahlverfahrens und kann dabei von den Regelungen des Leitungs- und Wahlgesetzes abweichen.
( 3 ) Die Wählbarkeit und die Wahlberechtigung für das Leitungsorgan bestehen für alle als Mitglieder der Regionalgemeinde verzeichnete Personen, auch wenn diese nicht Mitglied der Evangelischen Landeskirche in Baden sind. Davon unabhängig sind hinsichtlich der Wahlberechtigung, der Wählbarkeit, des Ausschlusses von Angehörigen sowie der Beendigung der Mitgliedschaft im Leitungsorgan §§ 3 bis 6c LWG entsprechend anzuwenden. Über Streitigkeiten hinsichtlich der Wählbarkeit, der Wahlberechtigung oder der Gültigkeit der Wahl entscheidet der Evangelische Oberkirchenrat abschließend.
( 4 ) Dem Leitungsorgan können auch einzelne Personen, die nicht Mitglieder der Evangelischen Landeskirche in Baden sind, angehören; ihre Zahl darf die Zahl der anderen Mitglieder des Leitungsorgans nicht erreichen.
( 5 ) Die Regelungen über die Sitzungsführung (§ 13 LWG), die Ausschussbildung (§ 14 LWG) und die Haftungsbegrenzung (§ 14b LWG) sind entsprechend anzuwenden.
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Abschnitt 4
Zuordnungsgemeinde

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§ 9
Zuordnungsgemeinde

( 1 ) Soweit im Rahmen eines rechtlich selbständigen Trägers in Formen des Gemeindelebens Menschen zusammenkommen und gemeinsam regelmäßig Gottesdienst feiern, kann diese als Zuordnungsgemeinde vom Evangelischen Oberkirchenrat anerkannt werden. Mit der Zuordnung wird das gottesdienstliche und gemeindliche Leben als Gemeinde nach Artikel 12 GO anerkannt und der Evangelischen Landeskirche in Baden staatskirchenrechtlich zugeordnet.
( 2 ) Die Zuordnung setzt voraus, dass die Bekenntnisgrundlagen der Evangelischen Landeskirche in Baden, wie sie im Vorspruch zur Grundordnung dargelegt sind, anerkannt werden. Daneben können weitere Bekenntnistraditionen gepflegt werden, soweit diese nicht zum Bekenntnis der Landeskirche in Widerspruch stehen.
( 3 ) Die Zuordnung erfolgt aufgrund der in den Zuordnungsrichtlinien der Evangelischen Landeskirche in Baden gegebenen Merkmalen.
( 4 ) Der rechtliche selbständige Träger kann einem Dachverband oder einer nicht in Deutschland bestehenden evangelischen Kirche (Auslandskirche) angehören, soweit deren Grundsätze oder deren Bekenntnis nicht zum Bekenntnis der Evangelischen Landeskirche in Baden in Widerspruch steht. Die Zuordnung setzt voraus, dass die Zustimmung des Dachverbandes oder der Auslandskirche vorliegt.
( 5 ) Mit der Zuordnung übernimmt ein Kirchenbezirk die Verantwortung dafür, dass die Beziehungen zwischen der Zuordnungsgemeinden und den Gemeinden des Kirchenbezirks gepflegt werden und die Zuordnungsgemeinde als kirchliche Präsenz in die Strukturen geordneter gemeindlicher Zusammenarbeit im Kirchenbezirk eingebunden ist. Der Bezirkskirchenrat dieses Kirchenbezirks muss der Zuordnung zustimmen. Ein Mitglied des Leitungsorgans der Zuordnungsgemeinde kann, soweit es Mitglied der Evangelischen Landeskirche in Baden ist, in die Bezirkssynode stimmberechtigt oder beratend nach § 36 LWG berufen werden.
( 6 ) Im Leitungsorgan der Zuordnungsgemeinde sollen überwiegend Mitglieder der Evangelischen Landeskirche in Baden vertreten sein.
( 7 ) Die Zuordnung erfolgt durch Bescheid. Dieser benennt den Kirchenbezirk nach Absatz 5. Gehört die Zuordnungsgemeinde einem Dachverband an, können durch Bescheid, der gegenüber dem Dachverband ergeht, einzelne oder sämtliche dem Dachverband angehörenden selbständigen Träger insgesamt zugeordnet werden. Für eine Zuordnung besteht kein Rechtsanspruch.
( 8 ) Die Rechtsfolgen der Zuordnung ergeben sich aus den Zuordnungsrichtlinien der Evangelischen Landeskirche in Baden. Rechtsansprüche auf finanzielle Mittel oder die kostenfreie Nutzung von kirchlichen Räumen oder sonstige Leistungen der Landeskirche bestehen nicht. Der Kirchenbezirk und seine Gemeinden sind berechtigt, die Zuordnungsgemeinde finanziell zu unterstützen und für deren gemeindliche Arbeit Räumlichkeiten kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Ein Rechtsanspruch hierauf besteht nicht.
( 9 ) In der Zuordnungsgemeinde können kirchliche Amtshandlungen erfolgen. Soweit diese Mitglieder der Evangelischen Landeskirche in Baden betreffen, sind sie der Wohnsitzpfarrgemeinde zu melden und werden dort in das Kirchenbuch eingetragen.
( 10 ) In einer Vereinbarung zwischen der Zuordnungsgemeinde und dem Kirchenbezirk können nähere Regelungen zur Einbindung der Zuordnungsgemeinde getroffen werden. Hierbei können insbesondere gegenseitige Vertretungsdienste, die wechselseitige Mitgliedschaft in Leitungsorganen oder eine wechselseitige Unterstützung vorgesehen werden. In die Vereinbarung können auch einzelne Gemeinden des Kirchenbezirkes einbezogen werden. Die Vereinbarung bedarf der Genehmigung des Evangelischen Oberkirchenrates.
( 11 ) Gehört die Zuordnungsgemeinde einem Dachverband an, können Regelungen nach Absatz 10 auch in einer Vereinbarung der Landeskirche mit dem Dachverband getroffen werden. Die Vereinbarung gilt für die Zuordnungsgemeinden und Kirchenbezirke, die dieser Vereinbarung zustimmen.
( 12 ) Mit der Zuordnung übernimmt das Leitungsorgan der Zuordnungsgemeinde sowie, bei Zugehörigkeit zu einem Dachverband, auch der Dachverband die Verantwortung für eine Verkündigung, die dem Bekenntnis der Evangelischen Landeskirche in Baden entspricht. Weiterhin ist zu gewährleisten, dass von den in der Gemeinde eingesetzten hauptberuflich und ehrenamtlich tätigen Personen die allgemeinen Vorgaben der Landeskirche zum Schutz vor Fällen sexueller Grenzverletzung umgesetzt werden. Soweit Vorfälle bekannt werden, die das Ansehen der Kirche schädigen können, übernimmt das für die Anstellung zuständige Leitungsorgan die Verantwortung dafür, dass hierauf in gebotener Weise reagiert wird.
( 13 ) Die Zuordnung soll widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen der Zuordnung nicht mehr vorliegen. Die Zuordnung muss widerrufen werden, wenn das Leitungsorgan seine Verantwortung nach Absatz 12 in nicht verantwortbarer Weise vernachlässigt. Der Widerruf erfolgt durch Bescheid gegen den entsprechend § 3 Abs. 4 von dem Leitungsorgan der Zuordnungsgemeinde Beschwerde eingelegt werden kann.
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Abschnitt 5
Gemeindeinitiative

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§ 10
Gemeindeinitiative

( 1 ) Gemeindeinitiativen können vom Evangelischen Oberkirchenrat anerkannt werden. Sie sollen besondere innovative Formen gemeindlicher oder gemeindediakonischer Arbeit und gottesdienstlichen Lebens mit dem Ziel einer Gemeindebildung erproben. Gemeindeinitiativen erhalten durch die Anerkennung die Befugnis, im Bereich der Evangelischen Landeskirche mit dem Ziel der Gründung einer besonderen Gemeindeform im Sinne dieses Gesetzes zu wirken. Näheres kann in einer Vereinbarung mit der Landeskirche geregelt werden.
( 2 ) Gemeindeinitiativen und die bestehenden Gemeinden im Wirkungskreis der Gemeindeinitiative nehmen in der Gründungszeit wechselseitig Rücksicht aufeinander. Bei der Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 4 ist der Kirchenbezirk, in dem die Gemeindeinitiative ihre Wirkung entfaltet, einzubeziehen. Der Kirchenbezirk vermittelt zwischen Gemeindeinitiative und den bestehenden Gemeinden mit dem Ziel der Gestaltung eines fruchtbaren Zusammenwirkens.
( 3 ) Gemeindeinitiativen können von der Landeskirche finanziell für eine begrenzte Zeit gefördert werden, soweit Haushaltsmittel hierfür in Ansatz gebracht sind. Näheres zur Förderung wird in Vergaberichtlinien zur Förderung von Gemeindeinitiativen geregelt, die der Evangelische Oberkirchenrat erlässt. Eine Förderung setzt voraus, dass die Gemeindeinitiative darauf gerichtet ist, nach Ende des Förderungszeitraums das Entstehen einer besonderen Gemeindeform nach diesem Gesetz zu ermöglichen. Ein Anspruch auf eine finanzielle Förderung besteht nicht.
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Abschnitt 6
Abschlussregelungen

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§ 11
Rechtsverordnung

Der Evangelische Oberkirchenrat kann durch Rechtsverordnung nähere Regelungen zur Ausführung dieses Gesetzes treffen. Dabei können insbesondere folgende Gegenstände geregelt werden:
  1. Die Voraussetzungen und das Verfahren der Beendigung der Mitgliedschaft in einer Personalgemeinde oder Regionalgemeinde ohne eine Beendigung der Mitgliedschaft in der Pfarrgemeinde des Wohnsitzes;
  2. Das Wahlverfahren sowie die weiteren Regelungen zur Bildung des Ältestenkreises einer Personalgemeinde oder des Leitungsorgans einer Regionalgemeinde, wobei Abweichungen von den Regelungen des Leitungs- und Wahlgesetzes zulässig sind;
  3. Die Anwendung der Regelungen des Leitungs- und Wahlgesetzes für die Arbeit des Leitungsorgans einer Regionalgemeinde;
  4. Zur Führung von Kirchenbüchern und Ausstellung pfarramtlicher Urkunden im Zusammenhang mit kirchlichen Amtshandlungen;
  5. Zur Datenübermittlung zwischen der Wohnsitzpfarrgemeinde und den in diesem Gesetz geregelten Gemeindeformen zum Vollzug kirchlicher Amtshandlungen.
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§ 12
Übergangsregelungen

( 1 ) Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes in der Evangelischen Landeskirche in Baden bestehenden Personalgemeinden bleiben unverändert bestehen. Für die bestehenden Personalgemeinden sind die Regelungen des in § 13 Abs. 2 genannten Gesetzes unbeschadet seiner Aufhebung, mit Ausnahme von § 14 des genannten Gesetzes, weiterhin anzuwenden.
( 2 ) Für die in Absatz 1 genannten Personalgemeinden gelten anstelle von § 14 des in § 13 Abs. 2 genannten Gesetzes die nachfolgenden Absätze 3 bis 6.
( 3 ) Die Kirchengemeinde sorgt im Rahmen der Bestimmungen der Grundordnung wie bei einer Pfarrgemeinde dafür, dass die notwendigen äußeren Voraussetzungen gegeben sind, die die Personalgemeinde für die Erfüllung ihres kirchlichen Auftrags benötigt. Ein Anspruch auf ausschließliche Nutzung kirchlicher Räume besteht nicht.
( 4 ) Die Kirchengemeinde erhält für eine auf ihrem Gebiet bestehende Personalgemeinde eine Zuweisung nach § 5 FAG.
( 5 ) Wird von einer Person einer Personalgemeinde für deren Zwecke ein Gebäude oder Teile eines Gebäudes dauerhaft und unentgeltlich überlassen, so kann dieser für die Unterhaltung und Bewirtschaftung des Gebäudes eine zweckgebundene Zuweisung gewährt werden. Die zweckgebundene Zuweisung wird erstmalig für 2022 grundsätzlich in Höhe der zuletzt für das Jahr 2021 gewährten Ergänzungszuweisungen für Gebäudeunterhaltung und Gebäudebewirtschaftung, die um die prozentuale Entwicklung des Steuervolumens für die Grundzuweisung nach Gemeindegliedern nach § 4 FAG von 2021 auf 2022 gesteigert wird, gewährt. Werden ab 2021 andere Gebäude oder andere Teile eines Gebäudes dauerhaft und unentgeltlich überlassen, als die in den Ergänzungszuweisungen für 2021 zuletzt berücksichtigten Gebäude oder Teile eines Gebäudes, so ist ausnahmsweise die zweckgebundene Zuweisung unter Berücksichtigung der dann maßgeblichen Verhältnisse neu festzulegen. Sofern es sich bei den anderen Gebäuden oder anderen Teilen eines Gebäudes gemäß Satz 3 um im Eigentum einer Kirchengemeinde befindliche Gebäude oder Teile eines Gebäudes handelt, für die bereits 2021 eine Ergänzungszuweisung für Gebäudeunterhaltung und Gebäudebewirtschaftung nach § 6 Absätze 6 und 7 FAG in der am 1. Januar 2020 gültigen Fassung gewährt wurde, wird die zweckgebundene Zuweisung für 2022 gemäß Satz 2 festgelegt. Für die Haushaltsjahre ab 2023 wird der die zweckgebundene Zuweisung von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr in Höhe der prozentualen Entwicklung des Steuervolumens für die Grundzuweisung nach Gemeindegliedern nach § 4 FAG fortgeschrieben und festgelegt. Die Überlassung bedarf der Anzeige an der Evangelischen Oberkirchenrat. Die zweckgebundene Verwendung der Zuweisung unterliegt der Prüfung durch das Rechnungsprüfungsamt der Landeskirche.
( 6 ) Wird für die Zwecke der Personalgemeinde von einer Person ein Gebäude oder Teile eines Gebäudes angemietet oder gepachtet, so können 70 Prozent der Ausgaben für Mietzins oder Erbbauzinsen an diese Person erstattet werden, sofern das ortsübliche Maß nicht überschritten wird. Der Mietvertrag bedarf der Genehmigung durch den Evangelischen Oberkirchenrat.
( 7 ) Eine in Absatz 1 genannte Personalgemeinde kann in eine Personalgemeinde oder Regionalgemeinde auf Basis dieses Gesetzes durch Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 1 umgewandelt werden. In diesem Fall sind nur noch die Regelungen dieses Gesetzes anzuwenden.
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§ 13
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

( 1 ) Dieses kirchliche Gesetz tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.
( 2 ) Zum gleichen Zeitpunkt tritt das Kirchliche Gesetz über besondere Gemeindeformen und anerkannte Gemeinschaften (Personalgemeindengesetz - PersGG) vom 25. Oktober 2007 (GVBl. S. 188), zuletzt geändert am 21. Oktober 2020 (GVBl. 2021, Teil I, S. 3) außer Kraft.