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Gemeinsame Erklärung
der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Baden
und der Evangelischen Landeskirche in Baden
aus Anlass des 175jährigen Unionsjubiläums

Vom 8. Oktober 1996

(GVBl. S. 158)

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I.

Das 175jährige Jubiläum der Union der Evangelischen Landeskirche in Baden war Anlaß für Gespräche zwischen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Baden und der Evangelischen Landeskirche in Baden. Diese hatten das Ziel, die bisher schon bestehenden Beziehungen und Verbindungen zu festigen und zu vertiefen. Dabei sollten auch die Vorgänge, die zur Trennung beider Kirchen geführt haben, in den Blick genommen und bedacht werden. Die Gespräche haben ergeben, daß die genauere historische Erhellung der im 19. Jahrhundert erfolgten Trennung beider Kirchen und deren theologische Bewertung wissenschaftlicher Bearbeitung bedürfen. Darum wurde vereinbart, daß die Theologische Fakultät der Universität Heidelberg dazu um ein Gutachten gebeten wird unter Beteiligung der Lutherischen Theologischen Hochschule Oberursel.
Grundsätzlich wird festgestellt: Mit Bedauern sieht die Landeskirche heute, wie die lutherische Minderheit, die sich aus Gründen ihrer Bindung an die Heilige Schrift und das Bekenntnis seinerzeit von der Landeskirche getrennt hat, durch staatliche Zwangsmaßnahmen bedrängt und ihr Duldung und Anerkennung zunächst versagt wurde.
Umgekehrt sieht die Evangelisch-Lutherische Kirche in Baden mit Bedauern, daß die von der Landeskirche Getrennten die in der Bindung an die Heilige Schrift gründenden Motive der Väter der Union damals nicht wahrgenommen und die unierte Landeskirche vergröbernd und auch aus der Perspektive ihrer Überzeugungen nicht immer sachgerecht dargestellt haben.
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II.

Trotz der Trennung im vorigen Jahrhundert haben gemeinsame geistliche Erfahrungen in den Nöten und Herausforderungen dieses Jahrhunderts ein neues Verstehen und vielfältige Beziehungen wachsen lassen. Diese Beziehungen gründen im reformatorischen Bekenntnis der Rechtfertigung des Sünders allein aus dem Glauben an Jesus Christus, den gekreuzigten und auferstandenen Herrn.
Die Zusammenarbeit zeigt sich besonders innerhalb der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Baden-Württemberg, zu deren Gründungsmitgliedern beide Kirchen gehören. Noch offenkundiger ist die Zusammenarbeit in den örtlichen Arbeitsgemeinschaften christlicher Gemeinden in Baden.
Gemeindeglieder beider Kirchen besuchen die Gottesdienste und Abendmahlsfeiern der jeweils anderen Kirche.
Das Bedürfnis zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden beider Kirchen ist im allgemeinen vorhanden. In der Zusammenarbeit hat sich bewährt:
  • daß sie einander wahrnehmen und einander unabhängig von den Größenverhältnissen gelten lassen;
  • daß sie einander informieren und bei Planungen angemessen berücksichtigen;
  • daß sie einander zu besonderen Anlässen einladen und auf unterschiedliche Weise Beteiligung und gegebenenfalls Mitwirkung ermöglichen.
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III.

Auf folgenden Gebieten soll die bisherige Zusammenarbeit ausgebaut werden:
  • An der Erteilung des Religionsunterrichts an den öffentlichen Schulen, der für Schüler und Schülerinnen beider Kirchen gemeinsam gegeben wird, sollen sich nach Möglichkeit Pfarrer/Lehrkräfte aus der Evangelisch-Lutherischen Kirche beteiligen.
  • Seelsorge in Krankenhäusern und Einrichtungen der Altenpflege kann abgesprochen und aufgeteilt werden.
  • Gegenseitige Vertretung bei Amtshandlungen (z.B. Beerdigungen) soll nach Absprache der beteiligten Pfarrämter möglich sein, insbesondere bei Familien mit Mitgliedern aus beiden Kirchen.
  • Im Sinne der Vereinbarung zwischen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Baden und der Evangelischen Landeskirche in Baden über die kirchliche Mitgliedschaft und die Kirchensteuerpflicht vom 20.4.1993, insbesondere § 1 Abs. 2, sollen Zugezogene auf am Ort bestehende Gemeinden hingewiesen werden.
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IV.

Für die Zulassung zum Abendmahl gilt:
Die Evangelische Landeskirche in Baden hat 1974 »eucharistische Gastbereitschaft« erklärt. Nach dem Verständnis der Landeskirche gilt: »Mit Brot und Wein empfangen wir den Leib und das Blut Christi zur Vereinigung mit ihm, unserem Herrn und Heiland, nach 1. Kor 10,16: »Das Brot das wir brechen, ist die Gemeinschaft usw.«. Mit diesem Verständnis legt die Evangelische Landeskirche in Baden Gliedern anderer Kirchen nichts in den Weg, wenn diese am Abendmahl teilnehmen wollen und sie die Teilnahme mit ihrem Gewissen vereinbaren können.
Aufgrund ihrer Lebensordnung kann die Evangelisch-Lutherische Kirche in Baden »eucharistische Gastfreundschaft« folgendermaßen erklären: »Jeder, der die Gaben des Abendmahls – Leib und Blut Jesu Christi unter Brot und Wein zur Vergebung der Sünden – begehrt darf in den Gemeinden der Evangelisch-Lutherischen Kirche Baden zum Tisch des Herrn kommen.«
Wir wollen, wie es in der Ordnung der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Baden-Württemberg (ACK-BW) heißt, unserer »Gemeinsamkeit im Glauben an den einen Herrn Jesus, der Haupt der Kirche und der Herr der Welt ist, in Zeugnis und Dienst gerecht werden – zur Ehre Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes«.
Karlsruhe, 8. Oktober 1996
Evangelische Landeskirche in Baden
Dr. Klaus Engelhardt
(Landesbischof)
Evangelisch-Lutherische Landeskirche
in Baden
Andreas Heinicke
(Superintendant)