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Teilnahme am Religionsunterricht

Verwaltungsvorschrift vom 21. Dezember 2000 (K.u.U. 2001, S. 16), zuletzt geändert am 15. Mai 2009 (Ku.U. 2009, S. 77)

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A

1.
Teilnahmepflicht
1.1
Der Religionsunterricht ist gemäß Artikel 7 Abs. 3 Grundgesetz, Artikel 18 Landesverfassung und § 96 Abs. 1 Schulgesetz für Baden-Württemberg (SchG) an allen öffentlichen Schulen des Landes ordentliches Lehrfach. Damit ist jeder Schüler, der in Baden-Württemberg eine öffentliche Schule besucht, grundsätzlich zur Teilnahme am Religionsunterricht seines Bekenntnisses verpflichtet.
1.2
Ausnahmsweise kann ein Schüler in folgenden Fällen anstelle des Religionsunterrichts der eigenen Religionsgemeinschaft den einer anderen Religionsgemeinschaft mit gleichen Rechten und Pflichten besuchen, und zwar
1.2.1
‎im Verlauf der Eingangsklasse der gymnasialen Oberstufe sowie der ersten und zweiten Jahrgangsstufen insgesamt höchstens zwei Schulhalbjahre bzw. zwei Kurse mit Zustimmung der eigenen sowie der Religionsgemeinschaft, deren Religionsunterricht besucht werden soll;
1.2.2
wenn an der besuchten Schule überhaupt kein Religionsunterricht der eigenen Religionsgemeinschaft erteilt wird, mit Zustimmung der Religionsgemeinschaft, deren Religionsunterricht besucht werden soll;
1.2.3
‎wenn an der besuchten Schule in dem betreffenden Schuljahr kein Religionsunterricht der eigenen Religionsgemeinschaft stattfindet, mit Zustimmung der Religionsgemeinschaft, deren Religionsunterricht besucht werden soll;
1.2.4
in einzelnen Härtefällen mit Zustimmung der eigenen sowie der Religionsgemeinschaft, deren Religionsunterricht besucht werden soll;
1.2.5
im Falle eines konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts nach Maßgabe der Vereinbarung zwischen der Evangelischen Landeskirche in Baden, der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, der Erzdiözese Freiburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart zur konfessionellen Kooperation im Religionsunterricht an allgemein bildenden Schulen vom 1. März 2005, die in K.u.U. 2005, S. 64 bekannt gemacht wurde.
Die Zustimmung erteilt die jeweils von der Religionsgemeinschaft dafür bestimmte Stelle.
Schüler, die keiner Religionsgemeinschaft angehören, können mit Zustimmung der Religionsgemeinschaft, deren Religionslehre besucht werden soll, den Religionsunterricht besuchen.
1.3
Über die Teilnahme am Religionsunterricht bestimmen die Erziehungsberechtigten. Nach Eintritt der Religionsmündigkeit steht das Recht, über die Teilnahme am Religionsunterricht zu bestimmen, aus Glaubens- und Gewissensgründen dem Schüler selbst zu. Gemäß § 5 Satz 1 des Gesetzes über die religiöse Kindererziehung (RKEG) vom 5. Juli 1921 (RGBl. S. 939) ist ein Schüler religionsmündig, wenn er das 14. Lebensjahr vollendet hat. Hat ein Schüler das 12. Lebensjahr vollendet, darf er gemäß § 5 Satz 2 RKEG nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis erzogen und damit auch nicht von seinen Erziehungsberechtigten gegen seinen Willen vom Religionsunterricht abgemeldet werden.
2.
Abmeldung
Das Verfahren über die Abmeldung vom Religionsunterricht richtet sich nach § 100 SchG. Ergänzend gilt folgendes:
2.1
Die Abmeldeerklärung für einen nicht religionsmündigen Schüler ist von demjenigen zu unterzeichnen, dem das Sorgerecht für den Schüler zusteht. Die Abmeldeerklärung muß daher in der Regel von beiden Elternteilen unterzeichnet sein.
2.2
Von einem Vormund oder einem Pfleger eines nicht religionsmündigen Schülers ist in entsprechender Anwendung von § 3 Abs. 2 RKEG die Genehmigung der Abmeldung durch das Vormundschaftsgericht nachzuweisen.
2.3
Die Abmeldeerklärung eines religionsmündigen Schülers ist nur wirksam, wenn Glaubens- und Gewissensgründe vorgebracht werden. Eine Überprüfung der angegebenen Glaubens- und Gewissensgründe ist nicht statthaft.
2.4
Die Abmeldung vom Religionsunterricht muß spätestens zwei Wochen nach Beginn des Unterrichts des Schulhalbjahres erklärt werden, zu dem sie wirksam sein soll.
2.5
Da das Recht auf Abmeldung vom Religionsunterricht ein höchstpersönliches Recht der Erziehungsberechtigten bzw. des religionsmündigen Schülers ist, ist es nicht zulässig, daß die Schule Schüler über eine beabsichtigte Abmeldung befragt oder für die schriftliche Abmeldung der Erziehungsberechtigten und der volljährigen Schüler oder die Ankündigung der persönlichen Erklärung der Abmeldung bei Schülern, die zwar das 14., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, Formulare bereithält.
3.
Ethikunterricht
Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, haben an den Schulen, an denen das Fach Ethik eingeführt ist, den Unterricht in diesem Fach zu besuchen.
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B

Nachstehend gibt das Ministerium für Kultus und Sport die von den evangelischen und katholischen Kirchen in Baden-Württemberg zur Ausführung der Regelungen über den Besuch des Religionsunterrichts einer anderen als der eigenen Religionsgemeinschaft geschlossene Vereinbarung bekannt:
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Vereinbarung
zwischen den evangelischen und katholischen Kirchen
in Baden-Württemberg
Vom 31. März 1983

Zu Ziffer 1.2 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Kultus und Sport vom 31. März 1983 über die Teilnahme am Religionsunterricht wird folgendes vereinbart:
  1. Zu Ziffer 1.2.1
    In diesen Fällen wird allgemein zugestimmt, daß evangelische bzw. katholische Schüler zwei Kurse bzw. zwei Schulhalbjahre den Religionsunterricht der anderen Kirche besuchen können, sofern nicht in besonderen Fällen von den kirchlichen Oberbehörden Einwendungen bestehen.
  2. Zu Ziffer 1.2.2
    Der Fall, daß an der Schule kein evangelischer bzw. katholischer Religionsunterricht erteilt wird, tritt nicht auf. Für die Erteilung der Zustimmung zur Aufnahme von Schülern anderer Religionsgemeinschaften ist der Religionslehrer im Rahmen der jeweiligen kirchlichen Bestimmungen zuständig.
  3. Zu Ziffer 1.2.3
    Es besteht Übereinstimmung, daß dieser Fall für den evangelischen und katholischen Religionsunterricht möglichst nicht eintreten sollte. In erster Linie muß versucht werden, den Religionsunterricht jahrgangsübergreifend anzubieten. Wenn die Fortführung des Religionsunterrichts aus organisatorischen oder personellen Gründen nicht möglich erscheint, benachrichtigen die Schulen unmittelbar die zuständigen kirchlichen Oberbehörden. Wenn die Voraussetzungen von Ziffer 1.2.3 eintreten, wird allgemein die Zustimmung erteilt, daß evangelische bzw. katholische Schüler den Religionsunterricht der anderen Kirche besuchen können.
  4. Zu Ziffer 1.2.4
    Die Zustimmung ist von den zuständigen kirchlichen Oberbehörden zu erteilen.
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C

Das Kultusministerium verweist ergänzend auf den folgenden Auszug aus der Vereinbarung zum konfessionell-kooperativen Religionsunterricht zwischen der Evangelischen Landeskirche in Baden, der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, der Erzdiözese Freiburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart zur konfessionellen Kooperation im Religionsunterricht an allgemein bildenden Schulen vom 1. März 2005.
>2.2 Der konfessionell-kooperativ erteilte Religionsunterricht
Der konfessionell-kooperativ erteilte Religionsunterricht ist konfessioneller Religionsunterricht im Sinne des Art. 7 Abs. 3 GG, für den die Lehren und Grundsätze der Evangelischen Kirche beziehungsweise der Katholischen Kirche maßgeblich sind.
Dieser Religionsunterricht zielt darauf, ein vertieftes Bewusstsein der eigenen Konfession zu schaffen, die ökumenische Offenheit der Kirchen erfahrbar zu machen und den Schülerinnen und Schülern beider Konfessionen die authentische Begegnung mit der anderen Konfession zu ermöglichen.
Es werden gemischt-konfessionelle Lerngruppen gebildet, die im Wechsel von einer Lehrkraft des Unterrichtsfaches Evangelische Religionslehre und Katholische Religionslehre unterrichtet werden. Dabei wird in qualifizierter Zusammenarbeit das konfessionelle Profil beider Kirchen in den Religionsunterricht eingebracht. Die Kirchen erstellen für diesen Unterricht auf der Basis der geltenden Bildungspläne jeweils einen schulartspezifisch verbindlichen Rahmen, dessen Verbindlichkeit durch übereinstimmende Erklärung der Schulverantwortlichen der Kirchen festgestellt wird.
Der konfessionell-kooperativ erteilte Religionsunterricht bedarf der Genehmigung durch den Evangelischen Oberkirchenrat Karlsruhe und das Erzbischöfliche Ordinariat Freiburg, bzw. durch den Evangelischen Oberkirchenrat Stuttgart und das Bischöfliche Ordinariat Rottenburg. Die Genehmigung kann nur erteilt werden, wenn bestimmte Qualitätserfordernisse erfüllt sind: Die Erarbeitung eines gemeinsamen Unterrichtsplans auf der Basis der Vorgaben der Bildungspläne für Evangelische Religionslehre und für Katholische Religionslehre und die Teilnahme der beteiligten Lehrkräfte an begleitender Fortbildung. Unbeschadet der über die Lehrkräfte durch die Kirchlichen Beauftragten ihrer Konfession wahrgenommenen Fachaufsicht wird die Aufsicht über die vereinbarte Kooperation von den Kirchlichen Beauftragten beider Kirchen gemeinsam wahrgenommen.
Genehmigungen werden nur befristet und für bestimmte Klassenstufen erteilt.
Näheres wird für die einzelnen Schularten in einem verbindlichen Rahmen durch die Schulverantwortlichen der Evangelischen Landeskirchen und der Diözesen geregelt.<