Rechtsstand: 01.01.2021

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Artikel 104

( 1 ) Die Rechnungen sowie die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Landeskirche und der unter ihrer Aufsicht stehenden Körperschaften und Einrichtungen unterliegen der Rechnungsprüfung.
( 2 ) Nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen können die Prüfungseinrichtungen sonstige Zusammenschlüsse und rechtlich selbstständige Einrichtungen kirchlicher Körperschaften in privatrechtlicher Form sowie andere Einrichtungen prüfen.
( 3 ) Die Prüfungseinrichtungen sind bei der Durchführung ihrer Aufgaben unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.
( 4 ) Stellung und Befugnisse der Prüfungseinrichtungen sowie das Verfahren der Prüfung werden durch kirchliches Gesetz geregelt.
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Literatur
Kupke, Arne (2016): Finanzverwaltungsrecht. In: Anke, Hans Ulrich / de Wall, Heinrich / Heinig, Michael: HevKR. Tübingen, § 26.
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I. Geschichte

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Im Jahre 1976 wurde durch ein einfaches Gesetz das selbstständige Rechnungsprüfungsamt der Landeskirche errichtet, nachdem die bis dahin praktizierte Form der Rechnungsprüfung durch den Evangelischen Oberkirchenrat in der Synode auf massive Kritik gestoßen war. Zur Behebung der Missstände wurde als eine »sehr wichtige Maßnahme« die Schaffung eines unabhängigen Rechnungsamtes gefordert, »das nur der Synode untersteht und auch nur von der Synode Weisungen erhalten kann«1#.
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Dieser Forderung entsprechend heißt es in den Erläuterungen zum Entwurf des Kirchlichen Gesetzes über das Rechnungsprüfungsamt, der der Synode bei ihrer Tagung im Oktober 1976 vorlag:
»Das Ziel ist, das bisher als unselbständige Verwaltungsabteilung in den Evangelischen Oberkirchenrat integrierte und dem Haushalts- und Finanzreferenten unterstellte Rechnungsprüfungsamt in eine unabhängige Prüfungsinstanz umzuwandeln und diese nach Kompetenz und Zusammensetzung instandzusetzen, das Haushalts- und Finanzwesen in den kirchlichen Körperschaften differenziert und qualifiziert so zu überwachen, daß die zuständigen Leitungsorgane ihre Verantwortung in diesem Bereich effektiver wahrnehmen können.«2#
3
Eine Verankerung in der Grundordnung wurde damals nicht für notwendig erachtet, da das Amt kein Verfassungsorgan sei, sondern eine selbstständige landeskirchliche Einrichtung neben den Kirchenleitungsorganen, die durch einfaches kirchliches Gesetz errichtet werden könne.3# Erst im April 2001 wurde im Zusammenhang mit dem Vierzehnten Kirchlichen Gesetz zur Änderung der Grundordnung die Aufnahme einer Bestimmung über das Rechnungsprüfungsamt in die Grundordnung für geboten erachtet.4# Der damals eingefügte § 136a GO wurde abgesehen von einer unwesentlichen redaktionellen Änderung5# im Absatz 2 im Artikel 104 a.F. wörtlich in die neue Grundordnung übernommen. Dieser Artikel bestimmte in Absatz 1:
»(1) Die Landeskirche unterhält ein selbstständiges Rechnungsprüfungsamt, dessen Aufgabe darin besteht, die Rechnungen sowie die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung der Landeskirche und der ihrer Vermögensaufsicht unterliegenden Körperschaften und Einrichtungen zu prüfen«.
Absatz 3 bestimmte darüber hinaus, dass das Rechnungsprüfsamt in der Wahrnehmung seiner Aufgaben unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen ist. Damit wurde in Anlehnung an die staatlichen Strukturen eine unabhängige Rechnungsprüfung etabliert, mit dem Ziel eine ordnungsgemäße und wirtschaftliche Verwendung der kirchlichen Mittel sicherzustellen.6#
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II. Erprobungsgesetz 2008

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Bei ihrer Tagung im April 2008 hat die Landessynode nach kontroverser Diskussion7# ein Erprobungsgesetz nach Art. 62 Abs. 1 GO verabschiedet, durch das »neue Zuständigkeiten im Bereich der Rechnungsprüfung in der Evangelischen Landeskirche in Baden erprobt werden« sollten. »Ziele der Erprobung sind der Abbau von Doppelstrukturen innerhalb der Evangelischen Kirchen in Deutschland sowie die Stärkung der EKD als Kompetenzzentrum für kirchliche Verwaltungen.«8# Zu diesem Zweck erfolgt die Prüfung der Kirchengemeinden und Kirchenbezirke, deren Zusammenschlüsse und Einrichtungen durch den Evangelischen Oberkirchenrat.9# Der Evangelische Oberkirchenrat wird außerdem beauftragt und ermächtigt, die Prüfung der Landeskirche und ihrer rechtlich unselbstständigen Einrichtungen durch vertragliche Regelung mit der Evangelischen Kirche in Deutschland dem Oberrechnungsamt der Evangelischen Kirche in Deutschland zu übertragen. Die Prüferinnen und Prüfer werden durch den Evangelischen Oberkirchenrat im Einvernehmen mit dem Landeskirchenrat in synodaler Besetzung mit der Prüfungsaufgabe betraut. Eine Entpflichtung von der Prüfungsaufgabe kann nur mit Zustimmung des Landeskirchenrats in synodaler Besetzung mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder erfolgen. Die Prüferinnen und Prüfer dürfen nicht der Leitung der Landeskirche und keinem kirchenleitenden Organ ihres Prüfungsbereichs angehören. Ihnen dürfen keine Weisungen erteilt werden, die das Ergebnis der Prüfung betreffen.10# Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass sich an der Zuordnung des Rechnungsprüfungsamtes zur Landessynode durch das Erprobungsgesetz nichts ändert.11#
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III. Rechnungsprüfungsamtsgesetz 2012

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Das Gesetz war nach Art. 62 Abs. 1 GO zunächst auf sechs Jahre befristete. Die dadurch vorgenommene Trennung des Rechnungsprüfungswesens der Landeskirche ist durch das Kirchliche Gesetz zur Neuregelung des Rechnungsprüfungswesens in der Evangelischen Landeskirche in Baden und zur Änderung des Kirchlichen Gesetzes über die Vermögensverwaltung und die Haushaltswirtschaft in der Evangelischen Landeskirche in Baden vom 20. September 201212# in eine endgültige Regelung überführt worden.13# Danach erfolgt die Rechnungsprüfung der landeskirchlichen Aufsicht unterliegenden Körperschaften und Einrichtungen nach Absatz 1 und der privatrechtlich organisierten Einrichtungen und Zusammenschlüsse nach Absatz 2 durch ein in den Evangelischen Oberkirchenrat integriertes Rechnungsprüfungsamt. Der Evangelische Oberkirchenrat wird durch das Oberrechnungsamt der EKD geprüft. Um dies zu ermöglichen, wurde Artikel 104 mit der notwendigen verfassungsändernden Mehrheit in der vorliegenden Fassung beschlossen.

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1 ↑ Synodaler Erndwein: Verhandlungen der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Baden, Ordentliche Tagung vom 20. bis 25. Oktober 1974, S. 106 f.; siehe dort auch den Bericht des Finanzausschusses zum Hauptbericht des Evangelischen Oberkirchenrates, Anlage 14, S. 31.
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2 ↑ Verhandlungen der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Baden, Ordentliche Tagung vom 17. bis 22. Oktober 1976, Anlage 2, S. 4.
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3 ↑ Ebd.
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4 ↑ Siehe dazu den Bericht der Synodalen Schiele: Verhandlungen der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Baden, Ordentliche Tagung vom 25. bis 28. April 2001, S. 57.
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5 ↑ Die Worte »nach Maßgabe des kirchlichen Gesetzes« wurden ersetzt durch die Worte »nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen«.
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6 ↑ Siehe dazu: A. Kupke (2016): Rdnr. 21 und 56.
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7 ↑ Vergl. dazu die ausführliche Darstellung des Synodalen Tröger als Berichterstatter der ständigen Ausschüsse, Verhandlungen der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Baden, Ordentliche Tagung vom 15. bis 19. April 2008, S. 37 ff.; nach Auffassung der Kritiker des Gesetzes geht die Abschaffung der Selbstständigkeit des Rechnungsprüfungsamtes über das hinaus, was im Rahmen eines Erprobungsgesetzes geregelt werden kann, weil der Kernbereich der Institution faktisch vollkommen verändert wird, vergl. die Voten der Synodalen Bauer und Barnstedt: ebd., S. 41.
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8 ↑ § 1 Kirchliches Gesetz zur Erprobung neuer Zuständigkeiten für die Rechnungsprüfung in der Evangelischen Landeskirche in Baden vom 18. April 2008, GVBl. S. 120.
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9 ↑ § 2 Nr. 1 Erprobungsgesetz.
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10 ↑ § 3 Erprobungsgesetz RPA.
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11 ↑ Vergl.: Tröger: Verhandlungen der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Baden, Ordentliche Tagung vom 15. bis 19. April 2008, S. 40.
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12 ↑ Siehe die Vorlage des Landeskirchenrates, Verhandlungen der Landessynode, Ordentliche Tagung vom 21. bis 25. Oktober 2012, Anlage 14.
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13 ↑ Siehe Kirchliches Gesetz über die Rechnungsprüfung in der Evangelischen Landeskirche in Baden (Rechnungsprüfungsgesetz – RPG) vom 25. Oktober 2012, GVBl. S. 264 (RS Baden Nr. 160.100).