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Anordnung
über die Vermeidung von kirchl. Doppelbesteuerungen

Vom 7. März 1939

(GVBl. S. 87)

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§ 1

( 1 ) Hat ein Kirchensteuerpflichtiger nur in einem Kirchengebiet seinen Wohnsitz oder Aufenthalt, so wird er nur dort zur Kirchensteuer herangezogen. Bei Körperschaften entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Lage der Betriebsstätte. Bei Kirchensteuern in der Form von Zuschlägen zu den Realsteuern gelten die Bestimmungen des § 3.
( 2 ) Ein Steuerpflichtiger wird an seinem Aufenthaltsort nicht zur Kirchensteuer herangezogen, wenn er in dem Gebiet einer zur Deutschen Evangelischen Kirche gehörenden Kirche einen Wohnsitz hat.
( 3 ) Die Bestimmung des Wohnsitzes im Sinne der Absätze 1 und 2 regelt sich nach § 13 StAnpGes., soweit nicht in allen beteiligten Kirchengebieten für die Begründung der Kirchensteuerpflicht der Wohnsitz im Sinne des bürgerlichen Rechts gilt und diese Regelung ein gerechteres Ergebnis zur Folge hat.
( 4 ) Die Verlegung des Wohnsitzes von einem Kirchengebiet in ein anderes wirkt sich für die Heranziehung zur Kirchensteuer mit dem Beginn des folgenden Kalendermonats aus. Über diesen Zeitpunkt hinaus erhobene Kirchensteuern sind zu erstatten. § 2 Abs. 2 bleibt unberührt.
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Kirchensteuerzuschläge zu Reichssteuern

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§ 2

( 1 ) Ist ein Steuerpflichtiger infolge mehrfachen Wohnsitzes in verschiedenen Kirchengebieten kirchensteuerpflichtig, so wird er in jedem Kirchengebiet nur zu einem Bruchteil herangezogen. Auf jeden Wohnsitz entfällt ein Bruchteil. Im Falle der Zerlegung des Einkommensteuerbetrages eines Steuerpflichtigen nach Maßgabe des Finanzausgleichsgesetzes berechnen sich die Bruchteile nach der Höhe der Rechnungsanteile. In den übrigen Fällen wird die Höhe der Bruchteile von der obersten kirchlichen Verwaltungsbehörde, im gegenseitigen Einvernehmen mit Rücksicht auf die Bedeutung der Wohnsitze festgesetzt. Der Bruchteil gilt für alle Reichssteuern, die von den beteiligten Steuergläubigern im einzelnen Falle übereinstimmend als Maßstab benutzt werden. Kommt eine Einigung zwischen den beteiligten Landeskirchen nicht zustande, so entscheidet auf Antrag die Finanzabteilung bei der Deutschen Evangelischen Kirchenkanzlei.1#
( 2 ) Für Steuerpflichtige, die aus einem Kirchengebiet zuziehen, in welchem die Erhebung der Kirchensteuer im Lohnabzugsverfahren erfolgt, oder die in ein solches Kirchengebiet zuziehen, beginnt oder erlischt die Steuerpflicht insoweit mit dem Zeitpunkt, an welchem der Kirchensteuerlohnabzug endet oder beginnt.
( 3 ) Eine nachträgliche Heranziehung eines Steuerpflichtigen auf Grund eines zweiten oder weiteren Wohnsitzes mit Rückwirkung für abgelaufene Steuerjahre ist nicht zulässig.
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Kirchensteuerzuschläge zu Gemeindesteuern

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§ 3

( 1 ) Für die Veranlagung zur Kirchensteuer als Zuschlag zu den Real- (Grund-, Gewerbe-) steuern ist nur das Kirchengebiet zuständig, in welchem der Grundbesitz liegt oder die Betriebsstätte unterhalten wird.
( 2 ) Werden Zuschläge nach Absatz 1 auch von außerhalb des Kirchengebietes wohnenden Steuerpflichtigen erhoben, so ist zunächst zwischen den Beteiligten eine Einigung anzustreben. Gelingt eine solche nicht, so wird, falls in der Wohnsitzkirchengemeinde keine Zuschläge zu gleichartigen Steuern erhoben werden, die Kirchensteuer der Wohnsitzkirchengemeinde auf Antrag des Steuerpflichtigen um die Hälfte dieser Zuschläge ermäßigt. Jedoch soll die von der Wohnsitzkirchengemeinde zu tragende Steuerermäßigung nicht mehr als ein Drittel ihrer Gesamtsteuerforderung ausmachen. Die Belegenheitskirchengemeinde hat die Zuschläge soweit zu erlassen, daß die Summe der in beiden Kirchengemeinden zu zahlenden Kirchensteuern die ursprüngliche Gesamtforderung der Wohnsitzkirchengemeinde nicht übersteigt.
( 3 ) Wird bei Berechnung der Zuschläge zu den Reichssteuern der Anteil ausgenommen, der dem außerhalb des Kirchengebietes gelegenen Grund- und Betriebsvermögen entspricht oder aus diesem fließt, so findet Absatz 2 keine Anwendung.
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Sonstige Kirchensteuern

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§ 4

Die Bestimmungen der §§ 2 und 3 finden sinngemäß Anwendung auf Kirchensteuern, die nach einem sonstigen Maßstab unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse erhoben werden.
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Besteuerung in den Grenzgemeinden

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§ 5

( 1 ) Gehören mehrere zu einem Pfarrbezirk vereinigte Kirchengemeinden (Mutter- oder Tochtergemeinden) verschiedenen Landeskirchen an, so steht die Steuerhoheit in jeder von ihnen der Landeskirche zu, der sie angehört. Die Verteilung der gemeinsamen Lasten des Pfarrbezirks bestimmt sich nach besonderer Vereinbarung. Kommt eine solche nicht zustande, so entscheiden die beteiligten obersten landeskirchlichen Verwaltungsbehörden, gegen deren Entscheidung die Finanzabteilung bei der Deutschen Evangelischen Kirchenkanzlei angerufen werden kann.
( 2 ) Setzt sich die Kirchengemeinde aus Orten oder Ortsteilen verschiedener Kirchengebiete zusammen, so sind für die kirchliche Besteuerung die Bestimmungen der Landeskirche maßgebend, der die Kirchengemeinde angehört. Ist die Zugehörigkeit der Kirchengemeinde zweifelhaft, so entscheidet die Lage der Kirche.
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Sonstige Bestimmungen

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§ 6

( 1 ) Die zuständigen kirchlichen Behörden leisten sich bei der Veranlagung und Erhebung der Kirchensteuern Beistand. Die obersten landeskirchlichen Verwaltungsbehörden sind gehalten, den steuerberechtigten kirchlichen Verbänden zur Durchführung der Bestimmungen der §§ 1 bis 5 in Einzelfällen entsprechende Weisungen zu erteilen.
( 2 ) Kommt eine Einigung der Beteiligten in den Fällen der §§ 1 bis 5 nicht zustande, so entscheidet auf Antrag die Finanzabteilung der Deutschen Evangelischen Kirchenkanzlei endgültig.
( 3 ) Beim Wegzug eines Steuerpflichtigen in ein anderes Kirchengebiet und bei der Begründung eines Wohnsitzes in einem anderen Kirchengebiet haben sich die beteiligten kirchlichen Stellen hierüber zu unterrichten.
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§ 7

( 1 ) Die Bestimmungen der §§ 1 bis 6 treten mit Wirkung vom 1. April 1939 an die Stelle der bisherigen Leitsätze für die Vermeidung von kirchlichen Doppelbesteuerungen (A.K.Bl. 1931 S. 33).
( 2 ) Gegenstandslos.

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1 ↑ Anstelle des Absatzes 1 werden die folgenden Richtlinien angewendet (Rundschreiben der Kirchenkanzlei der EKD v. 22.9.1950 (Bek. v. 10.2.1951, GVBl. S. 141):Dieses Verfahren (des Absatzes 1 u. des § 4) entspricht wegen der dabei aufzuwendenden umfangreichen Verwaltungsarbeit und der Geringfügigkeit des erreichbaren Erfolges weithin nicht mehr dem Erfordernis einer einfachen Verwaltung. Es wird daher empfohlen, zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen künftig anstelle des in § 2 Abs. 1 der Anordnung vom 7.3.1939 vorgesehenen Verfahrens folgende Richtlinien anzuwenden.Ist ein Steuerpflichtiger infolge mehrfachen Wohnsitzes in verschiedenen Kirchengebieten kirchensteuerpflichtig, so wird er zu den Kirchensteuer-Zuschlägen zur Einkommensteuer nur in demjenigen Kirchengebiet herangezogen, in welchem die Veranlagung zur Einkommensteuer stattfindet. Erfolgt die Kirchensteuererhebung im Wege des Abzugsverfahrens vom Arbeitslohn, so steht die einbehaltene Kirchensteuer der Kirche desjenigen Wohnsitzes zu, an dem die Lohnsteuer und die Kirchensteuer einbehalten wird. Bei Erhebung von Kirchgeld steht dieses, falls der Steuerpflichtige verheiratet ist, der Kirchengemeinde zu, in der die Familie wohnt. Ist der Steuerpflichtige verheiratet so steht das Kirchgeld der Kirchengemeinde desjenigen Wohnsitzes zu an dem der Steuerpflichtige zur Einkommensteuer veranlagt wird, oder, wenn er nicht zur Einkommensteuer veranlagt wird, an dem die Lohnsteuer einbehalten wird.Die Regelung der Frage, welche Kirche als alleinige Steuergläubigerin anzusehen ist, wenn bei einem Steuerpflichtigen mit mehrfachem Wohnsitz die Kirchensteuer in einem Kirchengebiet abgezogen wird, in dem der Steuerpflichtige einen Wohnsitz hat, bleibt mit Rücksicht darauf, daß die staatliche Finanzverwaltung gegenwärtig bezüglich der Lohnsteuer die entsprechende Frage erwägt, einstweilen der Vereinbarung unter den Landeskirchen vorbehalten.